Katrin Pütz hat mit ihrer Firma B-Energy hat eine preiswerte sonnenbetriebene Biogasanlage entwickelt
Erschienen im Kölner Stadt-Anzeiger vom 30. August 2019
Um die bläuliche Flamme zu zeigen, hält Katrin Pütz, 38, den Brenner unter die schwarze Plane. Damit sie sichtbar ist, muss es nämlich ganz dunkel sein. Es ist diese Flamme, die sie mit ihrem Unternehmen B-Energy, seit April mit Sitz in Köln, in alle Welt verbreiten will. Die Ingenieurin hat eine Biogasanlage entwickelt, die aus Plastiksäcken, Schläuchen und Rohren besteht und mit wenig Aufwand und überschaubaren Kosten montiert werden kann.
An der Testanlage, die sie auf dem Gelände der Initiative Neuland an der Alteburger Straße aufgestellt hat, bildet sie Menschen aus, die ihre Technik nach Äthiopien, Kenia, Indonesien oder La Palma exportieren. Kuhdung und Küchenabfälle Damit die Flamme brennt, muss Pütz den Gärsack der Anlage mit organischem Material befüllen. Sie schüttet Kuhdung aus dem Kloster der Benediktinerinnen in Raderthal und Küchenabfälle mit ein bisschen Wasser vermengt in das Plastikrohr, das als Stutzen dient und in einem weißen Gewebesack endet. Über den Sack ist eine schwarze Folie gespannt, die in der Sonne für die richtige Temperatur sorgt. Im Inneren des Sacks vergärt das Material, die Bakterien erzeugen dabei Methan. Über einen Schlauch strömt das Gas in einen Sammelbehälter: Ein weitere Sack aus weißem Gewebe, der mit Tragegurten vernäht ist.
Dieser Rucksack war der zentrale Bestandteil ihrer Masterarbeit im Fach Agrarwissenschaften. „Ich wollte eine Technik entwickeln, um Biogas verkäuflich zu machen“, sagt die Ingenieurin. Biogas hat das Potenzial, in vielen Gegenden der Welt mit schlechter Infrastruktur problematische Energieträger zu ersetzen, die üblicherweise zum Kochen verwendet werden. Holz oder Kohle sind teurer und müssen in vielen Ländern auf kilometerweit entfernten Märkten beschafft werden. Gas brennt klimafreundlicher und kann in der Nachbarschaft hergestellt werden. Für die Menschen, die in der Küche arbeiten, sind sie wesentlich gesünder als rauchende Holz- oder Kohlefeuer.
Pütz hat in Äthiopien und Ruanda gearbeitet. Sie hat sich angeschaut, wie die Biogas-Produktion mit Geld westlicher Entwicklungshelfer ausgebaut werden soll. „Das funktioniert nie“, sagt sie. Ein niederländisches Unternehmen etwa habe zwar tausende Anlagen errichtet, die aber mit gemauerten Kuppeln nicht zu den Lebensgewohnheiten der Einheimischen passen. Die Äthiopier, die selten Immobilien erwerben und oft umziehen, hätten sich nicht an die Anlagen gewöhnt, sagt Pütz. Sie seien deshalb nicht zuverlässig gewartet worden, niemand habe sich verantwortlich gefühlt. „In Äthiopien gibt es bis heute kein einziges einheimisches Biogas-Unternehmen“, sagt Pütz. Für sie ist das ein Zeichen, dass Veränderungen nur aus dem Land selbst kommen können. Sie will folglich nicht vor Ort sein und auch in Deutschland kein großes Unternehmen aufbauen.
Sie hat ein anderes Geschäftsmodell zum Vertrieb ihrer Anlage entwickelt. Sie setzt auf Importeure, die als selbstständige Unternehmer die Anlagen in ihren Heimatländern auf den Markt bringen. Die bilden dann ihrerseits einheimische Installateure aus, die auch den Vertrieb übernehmen. Sie besuchen potenzielle Gasproduzenten und rechnen mit ihnen aus, ob sich eine Anlage für sie lohnt. Ein typisches Paket mit vier Säcken, drei Brennern und dem zwei mal sechs Meter großen Sack zum Vergären kostet 429 Euro. Das sind die patentierten, speziell für die Anlagen angefertigten Bestandteile. Alle übrigen Materialien gibt es vor Ort.
Die Installateure nutzen im Verkaufsgespräch eine Smartphone-App, die Pütz im Paket mit anbietet. Mit ihr können sie bestimmen, wie lange die Kunden die Investition abbezahlen und wie hoch ihre Einnahmen wären. Pütz rechnet ein übliches Beispiel vor. Mit je rund sieben Kilogramm Dung von fünf Kühen kann eine Familie am Tag zwei Rucksäcke á 1000 Liter Gas produzieren. Der Preis dafür richtet sich nach den ortsüblichen Preisen für Holz oder Kohle. Er liegt zwischen 50 Cent und 1,20 Euro für die Füllung.
Auch bei der Qualitätssicherung hilft die App. Haben die Installateure eine Anlage verkauft, dokumentieren sie mit dem Smartphone den Aufbau und laden die Bilder über die App hoch. Der Importeur und Pütz können darauf zugreifen und bei Problemen mit einer Anlage mögliche Fehlerquellen suchen. Interesse an den Anlagen gibt es aber nicht nur in der Ferne. Pütz stellt sie auch in Deutschland vor und besucht Aussteiger oder Selbstversorger. Im September veranstaltet sie den zweiten Lehrgang in Bayenthal, zu dem rund zehn Importeure kommen. Und es sollen mehr werden. Sie sucht derzeit nach einem Standort für die Produktion ihrer Anlage. In den kommenden Monaten will sie ihren Ansatz mit einer Kampagne auch in Fachkreisen bekannt machen.
„ In Äthiopien gibt es bis heute kein einziges einheimisches Biogas-Unternehmen“
Katrin Pütz